Nach den ersten Tagen in Rio de Janeiro sollte es zügig Richtung Argentinien weitergehen. Als Grenzübergang hatten wir uns Iguazu ausgesucht, dem Ort der magischen und vor kurzem erst zu einem der neuen sieben Naturweltwunder deklarierten Wasserfälle. Zwei Tage waren eingeplant (6-7. Nov 2011), einen für die brasilianische (Parque Nacional do Iguacu) und einen für die argentinische Seite (Parque Nacional de Iguazú). Der Rio Iguazú bildet gleichzeitig die Grenze zwischen beiden Ländern und jede Seite ließ sich nicht lumpen gleich nen ganzen Themenpark an das jeweils eigene Ufer zu bauen. Nach der Landung auf dem abseits gelegenen brasilianischen Flughafen und kurzer Busfahrt in das doch recht großen Städtchen Foz do Iguacu, trafen Alex & ich Franziska, eine alte Freundin aus Freiburger WG-Zeiten von Alex. Sie kam aus Argentinien mit dem Nachtbus und hatte schonmal im verabredeten Hostel die Lage erkundet. Das Iguassu Guest House entpuppte sich als brandneues, modernes und leider noch etwas charakterloses Hostel, welches durch das Interesse sowie die Höflich- und Nettigkeit des Personals trotzdem ein schönes Domizil für eine Nacht war. Am nächsten Morgen war zuerst die brasilianische Seite dran, touristisch leider schon lang massiv erschlossen und nur durch die noch nicht gestartete Hochsaison (und damit wenig Touristen) einigermaßen erträglich. Nach einer kurzen Sightseeing-Busfahrt vom Parkeingang führt einen ein betonierter Rundweg mit spektkulären Sichten immer näher zum Wasser, welcher am Ende seinen Höhepunkt in einem begehbaren Steg und einer Aussichtsplatform findet, von welchem beste Sicht auf den “Garganta del Diablo” besteht, dem stärksten und massivsten Wasserfall von allen. Pitschpatsch wird man nebenbei auch noch, falls man nicht mit überteuerten Einwegregencape oder seiner eigenen Regenjacke vorgesorgt hat. Die argentinische Seite, welche nach zwischenzeitlichem Grenzübertritt nach Puerto Iguazu in Argentinien und Hostelwechsel ins Bambu Mini am nächsten Tag erfolgte, bietet hier meiner Ansicht nach mehr Freiheit. Viele zu erlaufende Wege und unterschiedliche Tracks auf Wanderwegen und Holzstegen führen zu sensationellen Ausichtspunkten und spektakulären Abgründen. Touristisch bleibt es, teuer ebenso – knapp 20 Euro für jede Seite Eintritt! Trotzdem ist und bleibt es absolut lohnenswert und ist zurecht in jedem Führer als eines der Highlights von Südamerika beschrieben.
Nach Iguazu folgte Buenos Aires (8-11. Nov 2011), welches Alex und ich mit Tutto Letto (Super Cama, vergleichbar mit Business Class oder mehr im Flieger) im Nachtbus erreichten. Franzi war hier schon unterwegs gewesen und schaute sich lieber noch Cordoba an – wir sollten sie ein paar Tage später in Uruguay wiedersehen. Mit Buenos Aires selbst hatte ich noch eine Rechnung offen, war doch meine Siemens-Delegation dorthin 2009 kurzfristig an bürokratischen und administrativen Hürden gescheitert. Gleichzeitig wird diese Stadt nicht allzu selten als die schönste und lebendigste Großstadt auf dem südamerikanischen Kontinent bezeichnet. Spannung pur also, als wir im Retiro Busterminal mit leichten Kopfschmerzen vom 0,2l-Whiskey-Becher nachts zuvor (der Stewart wollte uns beide wohl ruhigstellen) einschwebten. Wir waren gegen alle Tricks der Taxifahrer literarisch vorgewarnt, gegen das getürkte Taximeter konnten wir mit unseren rudimentären Spanisch dann aber auch nichts ausrichten. Das erste Hostel (Bait Hostel) war nichts besonderes, die Lobeshymnen von Hostelworld, LP und Footprint etwas übertrieben. Die Gegend (Palermo) stimmte zwar, die Gäste allerdings nicht so. Dies, ein verdorbener mexikanischer Salat und eine durchschlagende Allergie bei beiden von uns inmitten des Frühlings erleichterten die Entscheidung, nach nur vierTagen direkt mal einen 5-tägigen Trip nach Uruguay zu unternehmen. Buenos Aires sollte im zweiten Anlauf besser durchschlagen…
Uruguay selber (11-15. Nov 2011) startete mit einem einstündigen Fährtrip von Buenos Aires rüber nach Colonia del Sacramento und der Feststellung, dass auch hier die Aussage, eines der schönsten koloniales Städtchen vorzufinden, ein wenig weit aus dem Fenster gelehnt war. Schon die Sicht vom Leuchtturm offenbarte jede Menge Wellblech, und doch wehte ein gemütliche Brise Gelassenheit in diesem Ort und machte ihn am Ende – auch nicht zuletzt durch Live-Gitarrenklänge am Abend im Hostel – doch noch recht sympathisch. Der Bus am nächsten Morgen brachte uns durch den Dreh- und Angelpunkt und gleichzeitigen Hauptstadt Montevideo zum Strandstädtchen Punta del Este, dem St. Tropez von Südamerika. Hier sonnen und aalen sich die Reichen und Schönen, die aber aufgrund der Vorsaison dem Prinzip “sehen und gesehen werden” noch nichts abgewinnen konnten. Wir aber schon, denn hier hatten wir uns wieder mit Franzi verabredet, die ebenfalls in Uruguay unterwegs war, um ihre Freundin Julia zu besuchen, welche in Montevideo ein freiwilliges soziales Jahr macht – und diese hatte sie gleich mit im Gepäck. Zu viert beachten wir also ein paar Tage, spielten reich und schön (unser gemütliches Hostel passte da nicht ganz dazu) und stritten und am Abend ob denn nun Pizza oder Seafood – Probleme von Welt! :) Die erholsamen Tage waren schnell vorbei und über einen kurzen Zwischenstopp in Piriapolis nächtlichen Zwischenstopp in Montevideo bei Julia und großem Empanada-Geschlemme auf dem Dach ihres Wohnheims kehrten Alex und ich am nächsten Tag mit der Fähre von Montevideo nach Buenos Aires zurück. Zweiter Akt…
…und dieses Mal rockte Buenos Aires. Wieder einmal der Beweis, dass das Hostel und die Leute um dich rum elementar sind. Das Hostel Suites Palermo glänzte mit dem verpeilten und gleichzeitig unheimlich bemühten Personal um die bezaubernden Argentinierin Ailin rum, dem Mate-Welcome, dem Pubcrawl-Warmup und jeder Menge interessanter anderer Gäste wie zum Beispiel Jonathan & Nynke, einem holländischen Päarchen auf Weltreise oder aber auch Noemie, einer französischen Lonely Planet Mitarbeiterin und Weinexpertin. Kombiniert mit blutigen Steaks, sonnigen Stadterkudungen, diletantischen Tangoversuchen, sommerlichen Weltuntergangsplatzregen und friedhöflichen Irrgärten ergab sich schnell ein Wohlfühlklima, welches eine Woche im Flug vorbeistreichen lies. Alex wollte in seinem 3-Wochen Urlaub nochmal einen Tapetenwechsel und auch ich wollte mich südwärts bewegen und so fanden wir uns am 21. Nov 2011 am Retiro Busterminal wieder – Destination Puerto Madryn.
Puerto Madryn (22-25. Nov 2011), Ausgangspunkt für Erkundungen der Península Valdés mit ihrer artenreichen Tierwelt, steuern die meisten Besucher nur aufgrund des dort möglichen Whale-Watchings an. Der sogenannte Ballena Franca Austral (Southern Right Whale) ist hier von April bis Dezember im Golfo Nuevo zu finden, aber auch Seelöwen, Seehunde, Seeelefanten, Magellan-Pinguine, Guanacos und jede Menge anderes Getier trifft man hier. Mit viel Glück sogar Orcas, die sich am nördlichen Punkt der Halbinsel (Punta Norte) oft versuchen, die Mägen mit jungen Seelöwen zu füllen. Der Tagestrip um genau all dies sich anzuschauen war lohnenwert, wenn auch durch hohen Wellengang mehr als nur naß, Die einmalige Möglichkeit mit Lobo Larsen und den Seelöwen zu schnorcheln ließen Alex und ich und ebenso wenig entgehen wie auch den anschließenden Tauchgang – für mich das erste Mal und definitiv ein besonderes Erlebnis mit Lust auf mehr, allerdings in wärmeren und klareren Wasser. :) Das El Gualicho Hostel mit jeder Menge angenehmer Gestalten und spontanen Bekanntschaften rundeten hier tolle gemeinsame 3 1/2 Wochen ab, denn die Wege trennten sich hier wieder. Alex mußte zurück nach Buenos Aires für seinen Rückflug nach Deutschland und ich versuchte, die patagonische Süd-Nord-Route meiner Mutter für ein paar Tage zu kreuzen, die unabhängig von mir und deutlich früher auf südamerikanischen Reisen war…