Ushuaia – Argentina:
14h Bus – und Faehrfahrt (ein drittes Mal die Magellanstrasse), einem typisch chilenisch-argentischen Grenzuebertritt (Schikane – wieder alles Obst, Gemuese, Milchprodukte, Fleisch und Teebeutel (!) und geschmuggelte Krokodile wegwerfen), einem Motorschaden und unzaehligen patagonischen Kilometern spaeter, erreiche ich kurz vor Sonnenuntergang die suedlichste Stadt der Welt – Ushuaia in Argentinien (und ja ich weiss, das Puerto Williams auf chilenischer Seite den Titel auch will – aber das ist nunmal ein Dorf und nichts weiter). Ushuaia, ca. 80.000 Einwohner, wird noerdlich von den Martial Mountains (ein feuerlaendischer Gebirgszug oestlich der Cordilla Darwin) und suedlich vom Beagle-Kanal, eine natuerliche Wasserstrasse, welche den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, eingegrenzt. Der Name des Kanals stammt vom englischen Forschungsschiff HMS Beagle, welches 1831 den Kanal auf seiner zweiten Expeditions- und Vermessungsrunde entdeckte. Das waere auch nicht wirklich in die Geschichtsbuecher eingegangen, aber unter den Passagieren befand sich auch ein unbezahlter, auf eigene Initiative des Kommandanten mitgenommener 22-jaehriger Jungspund und Naturforscher namens Charles Darwin. Seine Beobachtungen dieser Reise (insbesondere die auf den spaeter angesteuerten Galápagos-Inseln) fuehrten am Ende zu seiner recht bekannten Evolutionstheorie. :) Aber genug Geschichte. Back to Ushuaia – und ich mittendrin.
3 Tage und Naechte (11-14. Dezember 2011) hatte ich mir gegeben und Emma (BEL) im Antartica Hostel begruesste mich nicht nur herzallerliebst sondern praesentierte mir sogleich auch die Bandbreite an moeglichen Touren und Trips – und hier gab es jede Menge. Ueberhaupt fiel mir hier mal wieder auf, dass Argentinien es am besten in Suedamerika versteht, den Backpackern und Travelern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Selbst den unattraktivsten Ecken wird eine hochgepriesene Tour verpasst, und das mit Erfolg. Chile zum Beispiel versteht diese Buisness noch nicht so ganz, auch Ecuador und Kolumbien haben ihre Schwierigkeiten, waehrend Peru und Bolivien hier auf einem aufsteigenden Ast sind. Egal, es gab also den Beagle-Kanal inkl. seiner Leuchtuerme und Viechgezeugs zum anschauen, die Estancia Harberton, Puerto Williams, den Nationalpark Tierra del Fuego mit diversen Hikes, Jeep- und Kayaktouren zu den nahegelegenen Seen (Escondido und Fagnano) und hiermit dabei waren noch nicht einmal die Antarktis-Touren, welche hier aus- und einlaufen und weswegen sich eigentlich die meisten hier runterverirren. Nach Gesparaechen mit diversen Hostel-Bekanntschaften ueber deren 2-woechigen Antarktistrip, von welchen sie gerade zurueckkehrten, reizte es mich ploetzlich mehr als zuvor – und wurde jaeh zerstoert als ich den Last-Minute-Preis von 4700 US$ des naechsten auslaufenden Schiffes sah. So kann man seine Reise in 12 Tagen um ca. 3-4 Monate verkuerzen. :) Fuer mich blieb also nur das Standard-Programm, welches sich aber als deutlich schoener als erwartet rausstellte.
An fantastisch sonnig und warmen Tagen (nicht unbedingt typisch fuer diese Ecke) erkundete ich mit Vincent (meinem Navimag-Kajueten-Begleiter, den ich per Zufall wieder in den steilen Strassen der Innenstadt ueber den Weg lief) zunaechst die guten Steaks und Feuerland-Wasserspinnen (die regionale Delikatesse hier – nicht zu verwechseln mit dem Riesen-Krebs), dann ging es am naechsten Tag mit zwei franzoesischen Zufallsbekanntschaften Léa und Iris durch den Parque Nacional Tierra del Fuego immer am Beagle-Kanal entlang wandern und tags drauf mit einer 4×4-Tour Kanufahren auf den Lago Escondido und anschliessend ueber eine der abgefucktesten Pisten die ich jemals gesehen (und gefuehlt!) habe fuer ein Asado (argentinische Version des Grillens/BBQs) an den Lago Fagnano. Seitdem weiss ich auch und schaetze es sehr, das ein Land Rover Defender selbst bei 45 Grad Schraeglage noch nicht zur Seite kippt. Der naechste Tag brachte mir noch das oertliche Gefaegnis naeher (zu Anfang des letzten Jahrhunderts unheimlich wichtig fuer die Stadtentwicklung – dann aber 1947 aufgeloest und seitdem fuer diverse Museen verwendet) und schwupps entschwand ich auch schon wieder Richtung Norden – mit dem Ziel El Calafate in Argentinien an der oestlichen Seite der Anden. Aber diesmal des erste Mal mit den Flugzeug um 24h Busfahrt inkl. zwei langwierigen Grenzuebergaengen (Argentinien – Chile – Argentinien) und vier weiteren Stempeln im Reisepass zu entgehen… :)
Gallery (Photos) – Argentina – Ushuaia
El Calafate & El Chaltén – Argentina:
14-17. Dezember 2011 – Der Aeropuerto International de El Calafate (IATA-Code FTE) war fuer den Piloten schnell gefunden – 1h Flug anstatt 24h Bus- und Faehrfahrt. Das vom Hostel America del Sur geschickte Bustaxi genauso schnell im etwas abseits gelegenen Ort (schnell wachsend, aber trotzdem nur ca. 20.000 Einwohner) angekommen. El Calafate (nun in Ostpatagonien, da östlich der Anden), gelegen am Fuesse des Lago Argentino, gibt es zwar schon seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts (damals diente es als Zentrum und Versorgungspunkt fuer die vielen Wolltransporte der umliegenden Estancias), aber erst 1947 wurde es fuer den Tourismus interessant. Da wurde naemlich der Parque Nacional Los Glaciares eroeffnet und mit seinem inzwischen weltbekannten zum Fusse der Anden liegenden Gletscher Perito Moreno katapultierte es El Calafate in das Zentrum des touristischen Kapitalismus. Der Park kostet heute pauschal knappe 20€ Eintritt, egal was man darin vorhat. Man kann z.B. auf dem Besucherbalkonen dem 74m hohen Gletscher beim kalben zusehen, was mit etwas Geduld ein enormes Schauspiel bedeutet, den die pro Tag 1m bewegenden Eismassen krachen mit ohrembetaeubenden Getoese in die Seitenarme des Lago Argentino und erzeugen meterhohe Flutwellen. Oder man schippert mit respektvoller Distanz auf die Seite des Gletschers, wandert ein bisschen entlang des 30km langen und 250km2 grossen Eisblocks, zieht sich dann Klettereisen an und kraxelt einfach drauf.
BigIce heisst die gefuehrte Tour und ich war nicht in Patagonien, um nicht das volle Programm mitzunehmen. Raus mit der Kohle und ab drauf also – das alles mit einer lustigen Truppe und informativem Guide. Ein Gebirge und Hoehlensystem aus Eis, zerklueftet durch kleine Seen, Fluesse und Gletscherspalten erstreckte sich vor uns mit den unglaublichsten Farbemischungen aus weiss, tuerkis und blau. In diesem Moment verstand ich zumindest ein bisschen, warum sich die Antarktis-Rueckkehrer so geben, als haetten sie Drogen genommen. Einfach eine andere Welt, die nur sehr schwer durch Bilder und Erzaehlungen wiederzugeben ist. Vielleicht schaffen es die Bilder aber doch ein wenig die Begeisterung zu beschreiben. Auf jeden Fall kehrte an diesem Abend jeder mit einem Laecheln von dieser Tour zurueck – gleichzeitig die professionellste, die ich in 5 Monaten Suedamerika hatte.
Der Nachbarort von El Calafate heisst El Chaltén und liegt nahe des Nachbarsees Lago Viedma. 1984 gegruendet und damit einer der juengsten Gruendungen Argentiniens ist es ein wunderhaft kleines Dorf, das als Ausgangsbasis fuer Wanderungen zum und um den beruehmten Fitz Roy und Cerro Torre dient. Es beherbergt nicht mehr als ein paar hundert Einwohner (im Winter sogar oft nur zweistellig) und aufgrund fehlender Anbindung an das Mobilfunknetz redet auch noch jeder auf der Strasse miteinander. Dieses ganz eigene Flair wird von einer recht huebschen Chalet-Architektur und einer leckeren Baeckerei-Kultur unterstuetzt. Leider hatte ich hier nur 2 Tage / 1 Nacht (17-18. Dezember 2011), da mein Bus ueber die spaetestens seit Che Guevara bekannte Ruta 40 richtung Bariloche schon am naechsten Abend fuhr (und es hier nur zwei Busse die Woche gibts). Nach einer netten und informativen Begruessung durch das Nationalparkoffice (haben einfach alle Busse am Dorfeingang abgefangen) und Check-in im Aylen Aike Hostel blieb mir also nur ein Nachmittagshike zum recht nahen Aussichtspunkt fuer Laguna und Cerro Torre. Doch auch dieser Nachmittagshike hatte es in sich, da beim Abstieg direkt vor meinen Augen die Mutter einer franzoesischen Familie stuerzte und sich den Ellenbogen brach und gleichzeitig den Arm auskugelte – Bingo! Endlich bewaehrte sich mein bis dahin immer umsonst herumgetragenes Erste-Hilfe-Kit. Schmerztabletten, Stuetzverband und natuerlich reichlich Wasser ueberbrueckten die Zeit, bis ein besser ausgestatteter Guide mit haerteren Drogen und eine Physiotherapeutin aus den USA eintraffen, die den Arm (man beachte: gebrochen!) mit viel Geschrei wieder einkugelten. Einigermassen transportfaehig ging es fuer die Arme am Abend noch zurueck nach El Calafate, denn nur dort gab es die noetige medizinische Ausruestung und Betreuung. Der Abend war kurzweilig mit einer lustigen Klettertruppe aus Norwegen, die sich fuer 4 Wochen im Hostel einquartiert hatten und bestens ueber Wetter und Wanderrouten Bescheid mussten.
Am naechsten Tag ging der Bus erst um 23 Uhr nachts, deswegen war die haerteste Tour geplant. Trotz eines wolkenverhuellten Fitz Roy (der Name El Chaltén bedeutet uebrigens in der Ureinwohnersprache “rauchender Berg” und ist gleichzeitig Name des Fitz Roys – nicht etwa weil es ein Vulkan ist, sondern weil immer Wolken drueberhaengen) ging es ueber die Laguna Capri den harten Anstieg vom Campingplatz Poincenot rauf zur Laguna de los Tres. Aber es blieb dabei, Fitz Roy hatte an diesem Tag keinen Bock und blieb in seinem Wolkenkleid. Es troestete ein bisschen, dass ich ihn an meinen Ankunftstag zumindest kurz in voller Pracht gesehen hatte. Komplett entkraeftet kam ich noch ca. 10h zurueck nach El Chaltén und packte noch kurz bevor auch schon mein Bus ueber die Ruta 40 richtung Bariloche aufbrach…
Gallery (Photos) – Argentina – El Calafate
Gallery (Photos) – Argentina – El Chaltén
Bariloche – Argentina:
Die Ruta 40 ist beruehmt wegen ihrer Schoenheit und den staendigen Blick auf die Anden. Von beiden war nicht viel zu sehen bei Tageslicht. Gleichzeitig ist sie an vielen Stellen noch nicht geteert, was mir im Vorfeld bewusst war und garnicht so schlimm wie von vielen berichtet. Der Bus dafuer war eine Frechheit – 28h und das mit tropfender Klimaanlage, welche nur funktionierte, wenn die Heizung auch an war. :) Sprich, von oben kalt, von unten warm, vorne Anschlag der Knie am Vordermann, hinten die Knie des Hintermanns im Ruecken. 28h, 27h, 26h … 20h (Tagesanbruch), 19h, 18h (Knie fangen an zu schmerzen – bin halt auch keine 20 mehr), 17h … 7h (Nacht bricht wieder an), 6h … 1h, Bariloche!!! Es war 3 Uhr nachts (nur 2h Verspaetung) und wir waren da. Carlos vom Achalay Hostel war ueberrascht, dass ich ueberhaupt noch komme und so ging es am naechsten und auch einzigen Tag (20-21. Dezember 2011) in Bariloche gleich auf Stadterkundung. Zum Wandern reichte die Zeit zwar nicht (und gleichzeitig hatten mich die ganzen Hikes der letzten Wochen ziemlich geplaettet), aber immerhin war ich noch fit genug, nicht den Sessellift auf den nahegelegenen Cerro Campanario nehmen zu muessen.
In einem Tag kann man zwar nicht viel sehen, aber man muss sagen, Bariloche hat durchaus seinen Reiz. Auch hier wieder Chalet-Architektur vom feinsten, eine wunderschoene Lage am See Nahuel Huapi, freundliche Einwohner. Nur das Bild von hardcore-feiernden argentinischen Schulabgaengern und Studenten in der weihnachtlichen Ferienzeit und die gute Asche, die seit dem Ausbruch des chilenischen Vulkans Puyehue im Juni 2011 noch immer meterhoch an der Strassenraendern liegt und bei jedem Windstoss wieder aufgewirbelt wird, trueben ein wenig das Bild (sprichwoertlich!). Am Abend dann ein selbstgemachtes Po(sch)o-Assado von Carlos und ab ins Bett, denn am naechsten Morgen warteten 6h Busfahrt ueber die argentinisch-chilenische Grenze nach Osorno und eine weitere Nachtfahrt nach Santiago de Chile auf mich – denn ich wollte ja rechtzeitig vor Weihnachten bei meinen alten Konstanzer Freunden Ari, Uwe und Gernot sein, welche sich alle zu dieser Zeit in Santiago aufhielten…