Mit einem Hass auf Jeeps kam ich am 14. Dezember ’07 also in Uyuni an, nur um einen Tag spaeter wieder in einen zu steigen. Denn die typische Uyuni-Tour, welche sich ueber 3 Tage hinzieht und dem riesigen Uyuni-Salzsee und diversen suedlich liegenderen Lagunen einen Besuch abstattet, benoetigt genau so ein Gefaehrt – anders ist kein Durchkommen. Am Abend des Ankunftstages wurde in der eher trostlosen alten Eisenbahnerstadt also noch diverse Tourveranstalter abgeklappert, um angenehme Reisegefaehrten und einen besser gefederten Jeep fuer den naechsten Tag zu finden. Das Ergebniss: Nen gut erhaltener Toyota Landcruiser mit 4 Maedels aus Schottland, Nordirland und Holland kombiniert mit einer Koch-Señora und einem Jungspund namens Guide – Abfahrt: naechster Tag (15. Dez) um 10.30 Uhr – und just zu diesem Zeitpunkt waren alle Verbindungen zu saemtlichen Visa-, Master- und Maestro-Stellen in der Stadt tot. Folge: der einzige Automat spuckte nur den Locals Geld aus, Cash Advance konnte man auch vergessen und das Hotel mit Karte bezahlen war auch unmoeglich. Die Tour (inkl. Essen) war Gott sei Dank schon Abends zuvor bezahlt, aber trotzdem startete ich nur mit meinen letzten eingetauschten Soles -> 50 Bolivianos (4,50 Euro) und unbrauchbarem Plastikgeld.
Die Touren aller Anbieter gestalten sich mehr oder weniger identisch – unterschiedlich ist nur der Guide, das Auto und die Gruppenzusammensetzung. Als Hahn im Korb war ich alterstechnisch in der Mitte angesiedelt – zwischen den reifen Maedels Emma und Karen aus Grossbritanien und den jungen Fin und Ina aus Holland. Mit insgesamt sieben Leuten war der Jeep nicht ganz voll und somit recht bequem auszuhalten die naechsten drei Tage.
Tag 1 (15. Dez ’07): Salar de Uyuni – Isla de Pescado
Mit dem kompletten Gepaeck gut verschnuert auf dem Dach starteten wir zu einer tourungewoehnlichen aber angenehmen Zeit (10:30 Uhr) Richtung Uyuni-Salzsee. Auf dem Weg dorthin wurde noch der Zugfriedhof (alte Eisendbahnerstadt) und das ausgemusterte Dorf (nur noch fuer Touris am Leben erhalten) Colchani mit seiner Salzverarbeitungsanlage besichtigt (das komplette Salz von mehr oder weniger Westbolivien wird aus diesem See gewonnen). Gleichzeitig ist Colchani auch das Tor zum Salzsee, denn hier erblickt man zum ersten mal die endlosen Weiten des Salzungetuems (12.000 km2). Waehrend es ausserhalb der Regenzeit eine endlose weisse Flaeche ist, bildet sich oftmals in der Regenzeit (Dezember-Maerz) eine mehrere zentimeterdicke Wasserschicht die wie ein Spiegel wirkt. Wir hatten Glueck und bekamen beides geboten. Waehrend die ersten 200m am Ufer das Wasser stand und atemberaubende Reflexionen darbot, kam die typische weisse, endlose Weite danach zum Einsatz. Grandiose Monotonie – mehr kann man dazu nicht sagen!! Einfach fantastisch und unmoeglich vorzustellen. Man faehrt, faehrt und faehrt und es bleibt weiss und weiss und weiss und ueber allem tront der azulblaue Himmel. Wie unser Fahrer den Weg gefunden hat, bleibt mir ein Raetsel – keine Orientierungspunkte, keine Strassenschilder :) und keine Fahrspuren. Und ploetzlich eine Insel mitten in dieser Weite – Isla de Pescado – Fish Island – Insel des Fisches (aufgrund der Form). Noch fantastischer!! Kargeste Landschaft mit grossen, massiven Kakteen und liebevoll angelegten Pfaden zum erkunden. Unmoeglich zu beschreiben und doch versuch ich es. Eine schneeweisse 360 Grad-Flaeche im Hintergrund mit einem tiefblauen Himmel und eben diesen baumhohen Kakteen vor einem – zu oft kam ich mir auf dieser Tour vor, als haette ich Drogen genommen (zumindest stelle ich mir so die Wirkungsweise von dem Zeugs vor). Nach Mittagessen und weiteren 2h Fahrt auf dem Salar kamen wir am Seeufer zu unserer Unterkunft – einem toureigenen Hostel mit einem Bett, Abendessen und sogar heissem Wasser fuer zwei und Elektrizitaet fuer vier Stunden!!
Tag 2 (16. Dez ’07): Suedbolivianisches Altiplano – Laguna Colorada
Da wir nicht wie nahzu alle anderen Gruppen im zwei Stunden suedlicher gelegenen San Juan uebernachteten, mussten wir also auch dementsprechend frueher los. Genauer gesagt um 6.00 Uhr war Fruehstueck, um 6.30 die Abfahrt angesetzt. Wir fuenfe sassen auch ganz brav um 6 Uhr am Fruehstueckstisch. Nur unsere Koechin und unsere Guide waren noch im Bett – ganz grosses Tennis!! Waehrend unsere Señora sich irgendwann rausbequemte, war unser Guide nicht auffindbar. Nachdem allerdings Señora einmal quer durchs Dorft bruellte, kam er schliesslich angetapert – er hatte wohl bei seiner Vorort-Freundin uebernachtet und das zu sehr genossen. Man, man, man – einmal im Leben mit Profis arbeiten… :) Der Tag bot trotzdem noch vieles. Durch die Hoehe (weit ueber 4.000m) noch deutlich intensivere Farben begleiteten uns durch das suedbolvianische Altiplano mit ihren Vulkanen (der hoechste und noch aktive ist Vulkan Ollague mit ca. 5.900m), Lama- und Alpakaherden (kann ich bis heut nicht unterscheiden – aber jeder sagt auch etwas anderes) und Lagunen. Mittagessen an der Lagune Hediona und ich sah seit langem einmal wieder Flamingos (echte Andenflamingos!!) und anderes Vogelgezeugs (Wallatas, Soca Comudas, Pucu pucus -> danke Karsten Rau!). Und spaetestens jetzt aergerte ich mich ueber meinen “nur 3-fach Zoom” der Kamera. So konnte ich die anscheinend verschiedenfarbigen Beine der Flamingos (gibt Versionen mit gelben, roten und blauen Stelzen) nur so erahnen bzw. auf anderen Kameras bewundern.
Inzwischen auf 4.500m kamen wir in der zweiten Tageshaelfte in die sogenannte Pampa Siloli, eine Landschaft mit wundersamen Felsformationen (u.a. der Arbol de Piedra – ein Felsen, der aussieht wie ein versteinerter Baum) und tollen Pisten, wo der Jeep und sein Fahrer ihr ganzes Koennen unter Beweis stellen konnten. Gekroent wurde der Tag mit der Laguna Colorada, wo wir auch gleichzeitig uebernachteten und vor Dunkelheit noch ausgiebige und sehr windige Spaziergaenge machen konnten – eine faszinierende Lagune, die in verschiedensten Farben aufleuchtet, vor allem aber mit Rot ueberzeugt. Surreal koennte man es auch nennen – man muss es gesehen haben! Algen, die durch die Lichteinstrahlung chemisch reagieren, sind dafuer verantwortlich und bieten den wieder zahlreich vorhandenen Flamingos gleichzeitig eine ordentliche und ausreichende Speisekarte. 4.350m hoch, windig, kalt und dieses Mal ohne heisses Wasser und Elektrizitaet war die zweite Nacht. Und um 4.00 Uhr am naechsten Morgen hiess es schon wieder aufstehen…
Tag 3 (17. Dez ’07): Sol de Mañana – Laguna Verde
…denn wir wollten noch vor Sonnenaufgang an den Geysiren in 5.000m Hoehe sein – ein weiteres Spektakel fuer interessante Bilder (folgen, versprochen…), wenn man die Backpacker-Siluetten im heissen Geysir-Dampf fotografierte. Ungefaehrlich war das auch nicht, denn in der Vergangenheit ist schon manch einer am bruechigen Kraterrand eingebrochen und hat sich zumindest einiges (wenn nicht alles) verbrueht bzw. gekocht. :) Weiter gings mit der Wagenkolonne (die ganzen drei Tage waren um die 10 Jeeps unterwegs, die man natuerlich immer wieder traf, da jeder die gleiche Route hatte – nichts aber gegen die Hochsaison, wo es wohl an die 60 Jeeps sind) zu heissen Quellen, wo wir auf eisiger Hoehe (es war an die -10 Grad kalt – wiederum nichts gegen die Hochsaison im August, wo es wohl an die -25 Grad werden) um 6.30 Uhr morgens in 35 Grad warmen Wasser fruehstueckten. Eifersucht der anderen kam auf, als Emma, Karen und ich die restlichen Alkoholreserven des Vorabends (wunderbar gekuehlt inzwischen) mit ins Planschbecken holten und so unser Fruehstueck nahrungstechnisch ergaenzten. ;) Zum Mittag hin passierten wir noch die Laguna Blanca und Laguna Verde (wiederum sehr surreal, aber unheimlich schoen), bevor wir am chilenischen Grenzposten in Busse verfrachtet wurden, die uns in einem 1-stuendigen Ritt ins chilenische San Pedro de Atacama brachten (die Jeeps kehrten zurueck nach Uyuni).
In San Pedro angekommen, gab ich die Hoffnung auf “dinero en efectivo” nicht auf (obwohl in jedem Guide schon “don’t rely on the local cash machines” stand). Und Volltreffer – natuerlich waren von den zwei Geldautomaten einer ausser Betrieb und der andere seit drei Tagen ohne Geld. Dazu kam, dass Hostels, Restaurants und alles andere keine Kreditkarten nahmen. Die Vermutung des netten Ladenbesitzers nebenan, dass irgendwann in den naechsten drei Tagen Geldnachschub kommen koennte, troestete uns (und ja, ich war definitiv nicht allein mit dem Problem – an diesem Tag kamen um die 30 neue Backpacker in das Dorf – alle aus Uyuni und die Haelfte ohne harte Devisen) daher nur temporaer – man musste auf einmal schauen, wie man ueberlebt. Anstatt das die San Pedroianer sich mal auf die Hinterbeine stellen und ne ordentliche Bank ins Dorf holen (es gibt genau eine “Aussenstelle” – was gleichbedeutend mit einem Stuhl hinter einer Glasscheibe ist – die 2 Stunden die Woche auf hat), empfahlen sie uns nur, doch per Bus in die naechste Stadt zu fahren (2 Stunden one way!!) und dort Geld zu beschaffen. Ohne mich!! Bei sowas packt mich mein Stolz – ich war weg!! Trotz wunderschoenen und gemuetlichen Fleck inmitten der Atacama-Wueste. Busticket gekauft (der einzige Schuppen in der Stadt, der Kreditkarten nahm) und ab ueber Calama zum chilenisch-peruanischen Grenzuebergang Arica/Tacna und weiter bzw. zurueck nach Arequipa, wo ich vor Weihnachten nochmal drei Tage mit liebgewonnenen Menschen verbringen wollte…
PS: Die Bustickets nach Argentinien (wo einige andere Backpacker hinmussten) konnten nicht mit Kreditkarten bezahlt werden. Einem schwedischen Paerchen blieb nichts anderes uebrig (auch wegen Zeitdruck – der Bus ging am Abend noch), als ein Taxi zum Flughafen von Calama zu nehmen (dort stand ein garantiert funktionsfaehiger ATM), um dort Geld abheben zu koennen. Kostenpunkt fuer die 3h-Fahrt: 70 Dollar – nicht schlecht als Abhebe-Gebuehr… :)
PPS: Die Geldautomaten versagten nicht nur in San Pedro, sondern auch an den Busterminals von Calama und Arica. Erst in Peru gabs wieder funktionstuechtige Automaten. Immer der Uebeltaeter: Redbanc (Bank of Chile). Und da sagt einer nochmal, Chile waere ein modernes Land, pfff….