Vier Tage Arequipa vor Weihnachten (18-22. Dez ’07) waren ganz einfach dafuer da, die innere Sehnsucht nach dieser Stadt zu stillen. Es gab einfach zu viele liebe und nette Menschen an diesem schoenen Fleck, als das ich einfach haette durchfahren koennen. Einen Tag zu frueh stand ich also vor der Tuer meiner peruanischen Familie und musste feststellen, dass sich das anfangs ruhige Haus in ein kleines Hostal gewandelt hatte. Xaviers franzoesischer Freund war fuer eine Weile eingezogen und auch Jan hatte inzwischen seine Gastfamilie zugunsten meiner gewechselt (was ich durchaus nachvollziehen konnte :). Da ich aber die Tage eh mehr unterwegs war (sowohl tagsueber und auch nachts), reichte mir auch die Matrazze im Wohnzimmer. Die Tage (und Naechte) selbst gestalteten sich abwechslungsreich. Kaffeetrinken, Abschiedsparties (legendaer die von Simons WG und der Muenchner Nora), Abschiedsessen und vor allem Weihnachtshopping (die zwei 10-koepfigen Familien, die fuers Fest in Chimbote aus mich wartete musste erstmal versorgt werden) – alles hatte seinen zeitlichen Preis und fuellte die Tage bis zum Anschlag, so dass ich am Ende schauen musste, am Abend des 22. Dez ’07 sogar noch meinen Nachtbus nach Lima mit Weiterfahrt nach Chimbote zu erwischen. Dadurch war es irgendwie ein schneller und hektischer aber doch kein einfacher Abschied aus dieser Stadt, wo ich eines Tages definitiv zurueckkehren werde und nichts mehr so sein wird, wie es mal war…
Der geplante 2h-Aufenthalt zum Buswechsel in Lima entpuppte sich als 6h-Warten in einer haesslichen Abfertigungshalle von Ormeño mit unfreundlichen Personal – nicht unbedingt die beste Werbemassnahme, um mein noch neutrales Limabild zum positiven zu wenden. Die Stadt ist mir suspekt und bedarf viel Zeit vermute ich…
…und dadurch verschob sich auch meine Chimboteankunft nach einer garnicht so unhuebschen 7h Panamericana-Wuesten-Kuestenfahrt auf 23 Uhr am 23. Dez. Trotzdem empfingen mich Javier, Jorge, Rosa (Bruder, Schwester) und Ruth (Freundin) voller Elan und ueberschwenglich, um mich kurz darauf ins Taxi zu verpacken und Richtung San Pedro (gefaehrlichster Stadtteil von Chimbote, was man auch daran merkt, dass erst das fuenfte Taxi bereit war, uns dort hinzubringen) zu verfrachten. Dort angekommen erwartete mich die restlichen Mitglieder der beiden Familien (einerseits die Familie von Javier, dem damaligen Freund meiner kleinen Schwester und andererseits die Familie, wo meine liebe kleine Schwester ein Jahr lang wohnte – Luftlinie zwischen beiden Familien = 100m) und ein ausgiebiges Mitternachtsmahl, Inkacola zur Begruessung und ein Weihnachtsmusikgepiepe, dass mich nach der 25ten Wiederholung in schraegster Lage innerlich etwas aus der Ruhe brachte (@Nora: ich haette am liebsten das gemacht, was Du in Arequipa im Café durchgezogen hast!!). Namenlernen verlegte ich auf den naechsten Tag und verbrachte meine erste Nacht wohlfuehlend und -wissend, dass die naechsten 1 1/2 Wochen zum ausspannen reserviert waren.
Und genauso gestalteten sie sich auch. Ausspannen von morgens bis abends. Javier musste viel arbeiten (hier in Peru ist man froh, wenn man nen Job hat – sogar an Weihnachten!!) und so wurde mein persoenlicher Guide und Leibwaechter Jorge (der juengere Bruder von ihm), der mir die ersten Tage San Pedro und den Rest Chimbotes in aller Ausfuehrlichkeit praesentierte. In San Pedro kannte ich innerhalb kuerzester Zeit alle nahen und fernen Nachbarn und Freunde mit Namen – u.a. auch deswegen, damit eben diese mich nicht hinter der naechsten Ecke schnell mal ausraubten.
Ich lebte in den Tag und wurde kulinarisch verwoehnt bzw. gemaestet, vorzugsweise natuerlich mit hauseigenem Ceviche Kombinaro, dass auch auf dem nahegelegenen Mercado San Pedro vertickert wurde. Weihnachten und Silvester verbrachte ich mit Familie, Panetone, Huhn, Tanz und brennenden Puppen und die jeweils darauffolgenden Tage mit irrsinnigen Kombivollpack-Aktionen, Strand und abendlichen Strassenvolleyball. Die Moskitos, Floehe und anderes Getier liessen sich einfach nicht abschuetteln (118 Stiche in chimbotanischer Zeit) und die Sonne brannte erbarmungslos und liess meinen 45-Schutzfaktor alt aussehen. Freundschaften festigten sich zunehmend und ich wandelte zeitweise und doch irgendwie immer auf den Spuren meiner kleinen Schwester, die an manchen Orten der Stadt wie eine Schutzheilige verehrt wurde und wird. Der DVD-Markt der Stadt erwies als nicht konkurrenzfaehig mit dem Arequipas aber doch war natuerlich Grupo Cinco zu haben, was sich nun entgueltig in mein Salsa-, Reggaeton- und Cumbia-verseuchtes Hirn einbrannte und wohl nie mehr rauszubekommen ist.
So verlaengerte sich auch der Aufenthalt in Chimbote um einige Tage und ich schaffte es erst unpuenktlich zu Drei Koenig (6. Jan ’08) mit einem gemeinsamen Tagesausflug der Javier-Jorge-Ruth-Ruben-Cinthya-Kevin-Truppe nach Trujillo und Huanchaco, wo ich dann da blieb, waehrend die anderen wieder ins schoene Chimbote zurueckkehrten. Ein trauriger Abschied von einer tollen und verrueckten Zeit, die so ganz anders war als alles uebrige in Peru – und die mir endlich zeigte, warum meine kleine Schwester so gefesselt von dieser Stadt und seinen Leuten ist…